Ballett – Loukianow, S.
Russisches Ballett
Anna Pawlowa, Michel Fokine, Marius Petipa. Säulenheilige der Ballettgeschichte. Namen, die Tanzbegeisterte vor Ehrfurcht auf die Knie sinken lassen. Umso verblüffender, dass es jemand wagte, diese Ikonen zu karikieren. Zu Lebzeiten, wohlgemerkt. Die Brüder Nikolai (1869-1937) und Sergei (1875-1905) Legat veröffentlichten zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Mappe mit hinreißend komischen Illustrationen des Sankt Petersburger Mariinski-Balletts. Über 90 freche Porträts von Ballerinen, Choreografen und Ballettmeistern des berühmten Ensembles, die Physis und Charaktereigenschaften genüsslich aufs Korn nahmen. Die überaus zarte, ätherisch wirkende Pawlowa beispielsweise (ihr Spitzname als junge Tänzerin lautete: „Der Besen“) persiflierten die Legats als eine Art flatternde Schnake mit überlangen, extrem dünnen Gliedmaßen. Fokine, den kühnen Rebell und Ballett-Erneuerer, als omnipotenten Götterboten auf dem Sprung, seinen zaubermächtigen Stab fest im Blick. Und Marius Petipa, den prägenden Ballettdirektor des Mariinski Theaters, Schöpfer bezaubernder Klassiker wie „Dornröschen“, „Schwanensee“ und „Der Nussknacker“, als munter springender Greis und Bannerträger des St. Petersburger Balletts.
Wer die allseits bewunderten Tänzer und Tänzerinnen mit so viel liebevollem Spott, mitunter auch mit unverhohlener Boshaftigkeit (A. Wassiliewa sprießen Barthaare im Gesicht, A. Boulgakoff mutiert im Kostüm zum Drachen) zu Papier bringen konnte, der musste nicht nur ein hochbegabter Zeichner sein, der musste auch selbst zum „Inner Circle“ des Mariinski Theaters zählen. Und genau so war es auch: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörten Nikolai und Sergei Legat zu den Protagonisten des kaiserlichen Balletts. Sie waren die hochgeschätzten Kollegen all jener berühmter und weniger berühmter Persönlichkeiten, über die sie mit spitzer Feder herzogen.
Mit ihrer humoristischen Graphikfolge zum Russischen Ballett hinterließen Nikolai und Sergei Legat der Nachwelt einen einzigartigen Schatz. Nie zuvor und nie danach sah man ähnliche Zeichnungen aus der Blütezeit des Russischen Balletts. Der Hamburger Fotograf und Sammler Werner Bokelberg hat die schönsten Karikaturen neu aufgelegt – darunter ironische Blätter der größten Ballerinen ihrer Zeit. Pierina Legnani, die erste Prima Ballerina Assoluta der Geschichte, berühmt für ihre 32 makellosen Fouettés, an denen sich bis heute jede Tänzerin von Rang messen lassen muss, stellten die Legat-Brüder als dralles, kurzbeiniges Kraftpaket dar.
Matilda Kschessinskaja, die zweite Prima Ballerina Assoluta, die weniger durch ihr Können als durch ihre Liebschaften mit den Romanows für Gesprächsstoff sorgte, zeichneten sie als eitle, hochnäsige Zigeunerin Esmeralda (eine ihrer Rollen). Und Olga Preobrazhenskaya, die sich trotz ihres krummen Rückens bis zur Prima Ballerina emporkämpfte, als zartes Feenwesen mit Schmetterling im Haar.
Für Ballett-Enthusiasten sind diese Illustrationen ein herrliches Vermächtnis. Fast eine kleine Offenbarung. Denn wann jemals hat man die Stars des klassischen Russischen Balletts so intelligent und wunderbar witzig von ihren Sockeln gehoben?!
Fine Art Print, 50 x 70 cm
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